„Die Tier sterben. Bald sind wir hier ganz allein.“ So fängt der Roman „Zugvögel“ der australischen Autorin Charlotte McConaghy an. Ein unerhörter Einstieg.
Beim Lesen beschleicht einen schnell der mulmige Verdacht, dass diese Zukunft möglicherweise nicht allzu fern ist.
Aber noch gibt es sie, die Küstenseeschwalben, kleine Vögel mit großer Ausdauer. Franny liebt diese Tiere, und ihr wildester Traum ist es, ihrem vermutlich letzten Zug in die Antarktis zu folgen. Dieser kleine Vogel ist ein Meister der Navigation und der Ausdauer. Um ihm auf diesem weiten Weg folgen zu können, benötigt Franny Unterstützung, und die erhält sie ausgerechnet von Ennis, dem Kapitän eines Fischerbootes. Der träumt von einem letzten großen Fang, dem Goldenen Fang, und weiß doch, dass es kaum noch Fische im Meer gibt.
Wenn jemand noch Bestände finden kann, dann sind es die Seeschwalben. Und so verbünden sich Zwei, deren Interessen unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die gemeinsame Reise über das ungestüme Meer beginnt.
Diese wunderbare Kernerzählung wird immer wieder von Betrachtungen aus der Vergangenheit unterbrochen. Frannys Liebe zu ihrem Mann Niall, den im Herzen radikalen Tierschützer, ihre Suche nach ihren Wurzeln, die Beschreibung des letzten Tierreservats in Schottland. Ein Gefängnisaufenthalt wird angedeutet, möglicherweise wegen Mordes. Was ist da passiert?
Dann wieder Stürme auf hoher See, Animositäten unter den Crewmitgliedern, auch Liebe, Freundschaft und Loyalität, unbedingt überlebensnotwendig. Als die Technik anfängt zu versagen und auch noch die Peilsender verstummen, ist das Schiff beinahe ziellos unterwegs. Wird es irgendwo ankommen?
„Zugvögel“ ist auf jeden Fall ein großer Abenteuerroman. Und ein Liebesroman. Es ist ein grandioses Buch voller Naturgewalten und existenziellen Fragen. Es ist eine Dystopie, die mich schaudern lässt. Eine Welt ohne Vögel ist für mich das schlimmste aller möglichen Szenarien. Aber ein paar gibt es noch. Und Franny tut buchstäblich alles, um sie zu finden.
Es bleiben Bilder, die sich wie Eiskristalle in der Netzhaut festbohren.
Spannend, hochaktuell und zutiefst melancholisch, ein wildes, schönes und abgründiges Buch.